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NEUERÖFFNUNG MASTER BUTCHER IN DER SPITALGASSE

BESTES FLEISCH AUS FREILANDHALTUNG IM WESTERN-STYLE

ES TUT SICH AUCH ETWAS IN DER SPITALGASSE. ERST KÜRZLICH ERÖFFNETE DER MASTERBUTCHER MITTEN IN DER COBURGER FUSSGÄNGERZONE. EIN LADENGESCHÄFT DER BESONDEREN ART. NOCH IMMER LAUFEN SEHR VIELE MENSCHEN DURCH COBURGS GESCHÄFTSSTRASSE NUMMER EINS. DIE PANDEMIE HAT AN DER GEFÜHLTEN FREQUENZ IN DEM MOMENT WENIG VERÄNDERT. GERADE IN DER MITTAGSZEIT SIND ES SOGAR SEHR VIELE MENSCHEN. RUND ZWEI MONATE NACH DER ERÖFFNUNG SIND SICHTLICH VIELE PASSANTEN NOCH DAMIT BESCHÄFTIGT IHRE W-FRAGEN ZU KLÄREN, WENN SIE DAS GESCHÄFT ERBLICKEN.

Nachdem bereits die Fassade samt der neuen hölzernen Ladenfront der Spitalgasse mit der Hausnummer 10 und der handgemalte Schriftzug „MasterButcher“ schon von weitem bei den Passanten für Begeisterung sorgt, gibt es im Inneren noch viel mehr zu entdecken. Viele bleiben bei diesem Evecatcher im historischen Stil einfach unvermittelt stehen und tasten sich vorsichtig an, um tatsächlich die Eichholzfassade ungläubig zu ertasten und um einen Blick durch die großen Fensterscheiben zu werfen. Könnten die W-Fragen der Leute klingeln, wäre hier be stimmt ein Glockenspiel zu hören. Wer zum Teufel macht eine Fleischerei mitten in der Fußgängerzone auf? Wann hat er eröffnet? Warum sieht der Laden aus wie aus einer anderen Zeit? Warum ist der Reklame-Schrift-zug über dem Laden fein und stilecht handgemalt und besteht nicht aus großen, „nach-haltigen“ Kunststoffbuchstaben? Weshalb verkauft einer Fleisch in einer Fußgängerzo-ne, wenn es doch genügend andere Möglichkeiten gibt?

Da sich all diese Fragen nicht im Vorbeigehen klären lassen, bleiben die Leute zusätzlich unvermittelt stehen, um das mit sich selbst auszumachen. Irgendwo kann man es schon verstehen, denn der neue „MasterButcher“ wirkt nicht nur nach Corona wie eine Fata Morgana zwischen den Warenketten und dem Leerstand. Wir nehmen uns bei all diesen Fragen selbstverständlich nicht aus und es gibt natürlich noch viel mehr zu klären. Wir haben es als Stadtmagazin leichter und haben kurzerhand einen Termin mit der Person vereinbart, die für das ganze Treiben verantwortlich ist und ihn eine Stunde lang mit Fragen gelöchert.

Pünktlich um 12 Uhr sind wir zur Stelle. High Noon läßt grüßen. Wir stehen Gunnar Flessa gegenüber der uns mit weißem Hemd, schwarzer Old-Style-Hose mit Hosenträgern, stilechter Melone und authentischer Leder-schürze emprängt.

Eigentlich hatte der Coburger beruflich eine ganz andere Laufbahn eingeschlagen und sogar sein Jurastudium dafür beendet. Anstelle der Klagebank ist er aber jetzt lieber in seinem eigenen Laden als Metzgermeister und Fleischsommelier zugange. Ein heftiger Sprung. „Das stimmt. Viele verstehen dies nicht. Allen voran viele meiner damaligen Kommilitonen. Doch bereut habe ich meine Entscheidung nie, fügt der 29-Jährige an.

Doch wie kommt es zu so einem heftigen Switch? Erst Abitur am Casimirianum und dann Student in einem Singlehaushalt in Bayreuth. Er kauft selbst ein und bereitet danach seine Mahlzeiten zu. Oft genug führt ihn der Weg dabei in den obilgatorischen gut erreichbaren Discounter um die Ecke.

Dass es nicht funktionieren kann, wenn 100 Gramm Hackfleisch nur 39 Cent kosten, hat er damals schon gemerkt. Auf Fleisch verzich-ten, vor einigen Jahren wie heute keine Opti-on. Als wahren Knackounkt für seine Entscheidung führt er allerdings Gespräche mit seinen Eltern an die Ihn immer begleitet und unterstützt haben. Mit Coburgs letzten verbliebenen ‚Innenstadtmetzger“, mit eige nem Ladengeschäfft, Frank Fechter kam er dann so richtig ins Gespräch. Es muss wohl so tiefgreifend gewesen sein, dass er ihm bei den Kollegen der Fleischerei Luther ein Praktikum vermittelt hat, wo er auch seine Ausbil dung absolvierte. Als Kammersieger der Handwerkskammer Oberfranken und als Vizemeister der bayerischen Metzgergesellen schließt er seine Ausbildung ab, um anschlie-Bend die Meisterschule mit Abschluss zum Metzgermeister zu absolvieren. Ausgewählt für das Butcher Wolfpack, dem deutschen Nationalteam der Metzger bestreitet er ebenfalls Wettkämpfe auf internationaler Ebene. „Dafür üben wir im Team, profitieren gegenseitig von der Erfahrung anderer Teammitglieder und verbessern so unsere Techniken und Arbeitsweisen“, gibt er uns zu verstehen. Auch der Austausch mit anderen Teams sei dabei von großer Bedeutung, um voneinander zu lernen. „Eigentlich wäre es 2020 zur Weltmeisterschaft nach Sacramento in Kali­fornien gegangen. Leider mußte dieser Wett­kampf wegen Corona abgesagt werden. Aber die nächste Chance kommt bestimmt“, gibt sich der Coburg er zukunftsorientiert.

Schließlich läßt sich Gunnar Flessa noch zum Fleischsommelier in Augsburg ausbilden. Nicht jeder kann dabei einfach diese Ausbil­dung machen und sich danach Fleisch-Som­melier nennen.

Um den Kurs belegen zu können, muss nach den Vorschriften eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Fleischer, und ein Meis­terabschluss vorliegen. Es wird ein großer Teil an Vorbildung vorausgesetzt.

Doch viel lieber redet er über sein neu ge­schaffenes Angebot, als über sich und da sprudelt es nur so aus ihm heraus. Die Be­geisterung und Leidenschaft ist ihm spürbar anzumerken und sein großes Anliegen, Fleisch aus einer artgerechten Haltung anzu­bieten, aus seiner Sicht nur der richtige Weg sein kann. Er ist überzeugt das man die Leute mit einer Idee abholen muß und es unab­dingbar ist, dass sich die Kunden wohlfühlen sollen. Das es am Ende ein Metzgerladen in diesem ungewöhnlichen Stil geworden ist, war ein langer Prozeß und liegt auch am per­sönlichen Faible für die aufregende Zeit des 19. Jahrhunderts. „Bei den Überlegungen haben natürlich eine Vielzahl von Faktoren mitgespielt. Holz lebt!“, sagt Gunnar Flessa. Mit Hilfe von ausschließlich regionalen Fir­men ging es schließlich ans Werk. Nach dreijähriger Planungszeit ging es Ende 2021 in die fünfmonatige Verwirklichung, wo er auch tatkräftig mit anpackte. „Ohne die Hilfe mei­ner Eltern hätte ich es nicht geschafft“ gibt der 29 jährige zu, denn vor allem auch seine Mutter Cindy Flessa designte die komplette Inneneinrichtung und die Logoentwürfe. Über den Dry Age-Reifeschränken prangt ein großes Longhorn. „Es ist gar nicht so einfach gewesen, das Interieur zu bekommen. Die Verwirklichung der Ideen hat viel Zeit und Ar­beit mit Suchen gekostet, fügt sie an. Viele authentische Details die für diese Zeit prä­gend waren, wie Öl-Lampen oder ein gegerb­tes Rinderfell sind prominent platziert. Sogar ein bespielbares, antikes Klavier ist im Mas­terßutcher zu finden und wartet auf Bespie­lung.“

Wir wollen wissen, was der Unterschied zu ei­nem „normalen“ Metzger ist? „Unsere Um­gebung. Wir haben keine Wursttheke, bieten aber ausgewählte Salamis, Schinken und Würste an, und Fleisch. Wir setzen bei unse­ren Produkten ausschließlich auf Freilandhal­tung. Wir stellen sicher, dass keine Gentech­nik angewendet wurde und sich weder Anti­biotika, Hormone oder Muskelwachstums­stoffe im Fleisch befinden, um somit dem Tierwohl und gleichsam dem Menschenwohl gerecht zu werden“. Es folgt ein kurzer Abste­cher hinter die lange Kühltheke. Dann geht es ans Eingemachte.

Allein beim Rindfleisch gibt es jede Menge unterschiedlicher Rassen und auch die Auf­zuchten sind völlig unterschiedlich wobei die natürliche Genetik der Tiere maßgeblich entscheidend für die Qualität ist. Es spielt eine große Rolle für den Geschmack, ob die Tiere beispielsweise in Weidehaltung, offener Stallhaltung, Anbindehaltung, lntensivmast oder Kombinationen davon gehalten wer­den. Wir führen aus fester Überzeugung Aberdeen Black Angus, Blonde d’Aquitaine, Wagyu, Boeuf de Hohenlohe, Chinaina, Gal­loway.

Vorwiegend beziehen wir unser Fleisch von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Hier kann der Landwirt noch von seiner Arbeit leben! Ehrliche Preise für ehrliches Fleisch. Auch können wir uns bei diesem Partner derQualität immersicher sein! Es gibt keine Spaltenböden, die Kälber dürfen bei den Muttertieren bleiben und wachsen so ganz natürlich im Herdenver­bund auf.

In der gut sortierten Kühltheke findet sich auch u. a. internationales Fleisch wie z.B. US-Primebeef oder Lammfeisch aus Schottland, ebenso auch Bistecca alla Fiorentina, allerbestes Fleisch aus der Toskana, das vom Chianina-Weiderind stammt.

Gegenüber liegt die auffällige Front der Dry Age-Reifeschränke, in welchen die verschie­denen Fleischteile schonend reifen.

Dry Aged Beet ist heiß begehrt. Die Reifeme­thode ist nicht nur unter Steak-Kennern ge­fragt. Aber was bedeutet der englische Be­griff „Dry Aged“ eigentlich? Als Trocken Altern“ wird der englische Begriff „Dry Aged“ ins Deutsche übersetzt, klingt es erstmal befremdlich, ist aber die älteste Reifeart. Die Alterung ist hier mit dem Reifegrad gleichzusetzen. Auch wenn die amerikanische Bezeichnung „Dry Aged Beet“ modern und hip klingt, ist damit eine weltweit genutzte und jahrtausendalte Technik der Fleischreifung gemeint. Im deutschen Sprachraum ist diese als Trockenreifung oder Abhängen bekannt. Da das Fleisch beim Dry Aging an der Luft hängt, ist es eine Trockenreifung. Im Gegen­satz dazu wird beim Nassreifen das Fleisch hauptsächlich im Vakuumbeutel verzehrfer­tig gereift. Die Flüssigkeit kann nicht austre­ten, das Fleisch reift im eigenen Saft. Beide Techniken haben ihre Vor- und Nachteile. Beim Aroma punktet aber, fast immer, das Dry Aged Beet – die älteste Form der Fleisch­reifung.

Damit es mit der Reifung klappt, braucht es professionelles Handwerk bzw. Profi-Technik. Denn schon kleinste Temperaturschwankun­gen können das Dry Aged Fleisch verderben lassen. Deshalb braucht es know-how, einen Raum, dessen Klima sich exakt kontrollieren lässt und die notwendige Sorgfalt.

Gunnar Flessa weiß am Besten welches Teilstück für welche Zubereitungsart in der eigenen Produktion zerlegt wurde, geeignet ist und wie das Stück am besten reift, zum Beispiel dry aged, vaccuum oder evtl. in Asche. „Bei uns können die Kunden ihr Fleisch bei der Reifung beobachten, das ist der Clou und bedeutet eine absolute Transparenz und ist mit dem Etikett auf der Rückseite einer Pappverpackung, wo der Werdegang nur ver­schlüsselt sichtbar ist, überhaupt nicht gleichzusetzen. Die Reifung erfolgt also nicht im stillen Kämmerlein, sondern für jeden gut sichtbar mitten im Laden. Das Fleisch erhält einen Namenszettel und am Ende der Reifung kann man sein Fleisch mitnehmen“, vermittelt der Coburger sein in der Innenstadt einzigartiges Angebot.

Zur Seite stehen ihm in seinem Team Albert, Adriano und Max. Ersterer ist ebenfalls Metz­germeister und brennt auch für sein Hand­werk, für das Tierwohl und beste Qualität, entsprechend der Philosophie des Master­Butchers. Albert zog extra in die Vestestadt um in diesem ganz besonderen Laden sein Können zu zeigen. Adriano ist der Mann hin­ter der Theke des Imbisses. Er stammt aus einer alten Gastronomiefamilie in Sizilien. Max ist gelernter Koch war bisher vornehmlich in Österreich in großen namhaften Sternehotels in der Küche zu Gange und will nun seine Kochkunst den Coburgern kredenzen.

Für den Mittagstisch gibt es eine spezielle Karte im wöchentlichen Wechsel. Die Gerich-te werden auf lnstagram und durch einen Aushang im Fenster des Ladengeschäftes an­gekündigt. „Max bereitet alle Komponenten selbst und frisch zu! Unser dabei verwende­tes Fleisch, die Liebe zum Produkt und der bewusste Verzicht von Zusatzstoffen und Ge-schmacksverstärkern macht den Geschmack unserer Essen aus und ist nicht damit ver- gleichbar wenn man eine Konservendose, Tüte oder ein Glas öffnet“, ist sich Gunnar Flessa sicher.

Im MasterButcher ist natürlich auch die Ori­ginal Coburger Bratwurst erhältlich. Als Besonderheit gibt es auch noch die Coburger Bratwurst nach dem alten Rezept von 1498, bestehend lediglich aus Schweinefleisch und Naturgewürzen.

„Das Zusammenspiel aller einzelnen Punkte macht unseren Laden aus. Bestes Fleisch, eigene Produktion, nachhaltige C02-neutrale Verpackungen, selbst das ausgegebene Besteck ist nicht nur komposttierbar, sondern wiederverwendbar, leckerstes Essen zu Mit­tag, der Verzicht von unnötigen Zusatzstoffen und ein Ambiente zum Wohlfühlen. Das sind wir – Der MasterButcher!“

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